Hundeliebe in Nordschweden: Jenny von Lapland Adventures

Mit Kiwi fing alles an. 2013 adoptierten Jenny und Bastian aus Erbach in der Nähe von Frankfurt am Main ihren ersten Hund aus dem Tierschutz. Kiwi eroberte nicht nur ihre Herzen, sondern entfachte eine Hundeliebe, die das Leben der beiden in fantastische Bahnen lenken sollte. „Hättet ihr euch vorstellen können, dass ihr zehn Jahre nach Kiwis Einzug mit Sack und Pack nach Nordschweden zieht – gemeinsam mit einem Rudel waschechter Schlittenhunde?“, möchte ich von Jenny wissen. „Oh nein! Das war absolut nicht abzusehen.“, lacht die Neu-Schwedin.

Und doch setzte sich mit dem Einzug des ersten Hundes eine Kette von Ereignissen in Gang, die sie genau dorthin geführt haben. Nach Jörn in der schwedischen Provinz Västerbotten. Gemeinsam mit ihrem Mann, Tochter Ylvie (4 Jahre), ihren Hunden und zwei Ponys wohnt Jenny seit August 2023 inmitten atemberaubender Natur und lebt ihren Traum. Und nicht nur das: Die Familie ermöglicht es Feriengästen, an diesem Traum teilzuhaben. Unter dem Namen Lapland Adventures bieten sie genau das an: Unvergessliche Erlebnisse in schwedisch Lappland. Und davon gibt es sommers wie winters eine herrliche Menge. Pony-Wandern, Kanu-Touren, Schlittenhunde-Fahrten, Skijöring, … Bei Jenny und Bastian könnt ihr Lappland wie aus dem Bilderbuch erleben und unvergessliche Erinnerungen erschaffen.

Aber nun erzähl doch bitte noch etwas mehr von euch und eurem Weg hin zu eurem neuen Leben:

Also, nachdem Kiwi 2013 eingezogen war, habe ich mich aktiv, ehrenamtlich im Tierschutz bzw. in unserem Tierheim engagiert. So dauerte es nicht lange bis Hund 2 und 3 eingezogen sind und 2017 der erste Pflegehund.

Das Tierheim Tiere in Not Odenwald e.V. ist auf den Umgang mit „schwierigen“ Hunden spezialisiert und daher war es nicht verwunderlich, dass der erste Pflegehund ein Aggressionsproblem hatte, zusätzlich war der kleine Terrier jagdlich hochmotiviert, leider auch hier etwas fehlgeleitet. Spazieren gehen war mit ihm eher schwierig und sowohl wir als auch der Hund waren dabei ständig unter „Strom“. Ich suchte also etwas, dass mir und dem Hund Spaß machen könnte und landete beim Zughundesport, genauer gesagt beim Canicross. Wir beide waren sofort begeistert und von da an war der Sport ein Teil meines Lebens.

Mir machte der Zughundesport sehr viel Spaß und half mir auch vor allem nach der Geburt unserer Tochter, da ich körperlich eingeschränkt war und ich so aber auch mal längere Touren und draußen sein konnte.

Mille aus Norwegen – unser erster Husky

Waren es bis dahin meine Tierschutzhunde mit denen ich im Canicross aktiv war, entstand 2020 der Wunsch den Sport mit einem „echten“ Husky weiterzuführen. Also folgten wir einem Hilferuf einer Husky-Lodge im Norden von Norwegen, die wegen Corona schließen musste und übernahmen von ihnen eine Alaskan Husky Hündin unsere Mille. Was soll ich sagen, ab da war klar, dass es keine anderen Hunde mehr geben wird und ich noch mehr in Richtung Zughundesport erleben möchte.

Also angefangen zu scootern, festgestellt dass das mit 2 Hunden mehr Spaß machen könnte und so ging es weiter bis mein Mann meinte dass er gerne auch mal Gespannfahren möchte.

Schließlich hatten wir unser 4er Gespann zusammen und beschlossen, unsere Leidenschaft für die Hunde und den Sport mit ihnen auch mit anderen Menschen zu teilen.

Die Liebe zum Hundesport bereitete den Weg: Kleingewerbe als erster Schritt

Mein Mann ist Diplom-Sportwissenschaftler und arbeitet im Rehabilitationsbereich einer Klinik und ich habe 15 Jahre für einen Franchisenehmer von McDonald’s gearbeitet, 2 Restaurants geleitet und stellvertretend 6 weitere Restaurants mit betreut. Da war es schon ein großer Schritt, als wir Ende 2022 als Kleingewerbe Huskyabenteuer Odenwald gegründet und Wandertouren, Dogtrekking, Kindergeburtstag und Scooterfahrten angeboten haben.

Schnell haben wir an Zuspruch gewonnen und mussten dann aber an der deutschen Bürokratie und der Gesetzeslage zu den Wegerechten im Odenwald feststellen, dass es für uns recht aussichtslos ist ein solches Unternehmen weiter auszubauen. Zusätzlich hatten wir aus dem Tierschutz zwei weitere ältere Alaskan Huskys übernommen, die sich mit dem Leben im Haus recht schwer taten.

„Vielleicht müssen wir nach Schweden auswandern …“

Also überlegten wir Anfang März 2023 welche Alternativen es gäbe bzw. wie wir unser Leben und unsere Bedürfnisse und Wünsche und natürlich auch die unserer Tiere optimieren können. Irgendwann fiel abends beim gemütlichen zusammensitzen der Satz: vielleicht müssen wir nach Schweden auswandern.

Wir kannten und liebten Schweden aus unseren letzten Urlauben. Wir lieben die Natur, das Klima (vor allem weiter nördlich), die Menschen und auch die Weite und Abgeschiedenheit, wenn man das möchte.

Aber da wir nicht nur gerne Zughundesport machen, sondern auch gerne Skifahren, Langlauf machen, Mountainbiken, Paddeln, Schwimmen (vor allem unsere Tochter ist eine Wasserratte) und wir unsere letzten Urlaube auch dafür ausgerichtet haben, war klar: Wir möchten dies alles in Schweden auf kurzen Wegen erreichen können, da eine Fahrt beispielsweise in die französischen Alpen nicht so einfach mehr zu realisieren ist.

Also nahm ich am nächsten Morgen mein Handy und schaute auf verschiedenen Portalen einfach nur Interesse halber wie denn so die Preise sind und was überhaupt so angeboten wird.

Und direkt auf dem ersten Portal (Kleinanzeigen) fand ich als zweite oder dritte Anzeige unseren jetzigen Hof. Ich nahm Kontakt mit den Vorbesitzern auf, eher so nach dem Motto: Naja man kann ja mal nach mehr Informationen fragen, aber bestimmt passt es eh nicht oder kann nicht auf die schnelle realisiert werden. Denn wir hatten ja zu diesem Zeitpunkt keinen konkreten Plan.

Die Vorbesitzer, auch Deutsche, stellten sich als super nette und entspannte Menschen heraus. Sie waren in Schweden auf ihrem Weg nach Kanada zwischengelandet und wollten jetzt ihren ursprünglichen Plan weiter verfolgen.

Und naja der Hof passte für uns einfach aus den Beschreibungen perfekt. Das brachte uns dazu, uns konkret mit dieser Idee auseinander zu setzen.

„Da ist dieser perfekte Hof … Okay, wir brauchen jetzt einen Plan!“

Der Hof bietet einfach so viel Potential, aber natürlich auch Arbeit, dass klar war das ein Vollzeitjob „nebenbei“ nicht unbedingt realistisch ist. Also mussten die Pläne so ausgerichtet werden, dass man vom Hof selbst leben kann und natürlich soviel Startkapital da ist um das erste Jahr mit wenig bis keine Einnahmen zurecht zu kommen.

Hier waren mehrere Faktoren sehr hilfreich für uns. Zum einen legten Tobi und Simone für uns sämtliche Kosten offen und zeigten uns die realistischen Möglichkeiten (eine der Blockhütten auf dem Grundstück wurde von ihnen bereits über Airbnb vermietet). Tobi gab mir auch verschiedene Kontakte zu den verschiedenen Tourismusorganisationen in der Nähe und am wichtigsten stellte er den Kontakt zur Gemeinde Norsjö her, die sofort eine Videokonferenz mit den verschiedenen Bereichen organisierte. Hier konnte ich schon die wichtigsten Informationen zum Thema Gewerbeanmeldung und Tourismus allgemein erhalten.

Tobi und Simone waren bereit uns den Hof bis Anfang Mai zu reservieren, damit wir in Ruhe unsere weiteren Planungen aufnehmen können.

Und nicht zuletzt wurde der Hof mit allem drum und dran verkauft, Autos, ATV, Schneemobile, mobiles Sägewerk, Feuerholz bereits fertig für 2023/2024, Pferdehänger, Autohänger, Wohnwagen, vielem Werkzeug und Materialien zur weiteren Renovierung.

Der Hof selbst besteht aus einem Haupthaus (hier ist alles schon renoviert, bis auf ein Badezimmer), ein 140qm schwedisches Bauernhaus (stark renovierungsbedürftig), eine Blockhütte (ausgebaut und bereits zur Vermietung genutzt), eine 20m lange Scheune und eine weitere 90qm große Blockhütte.

Weitere Termine mit Bank und Makler wegen unserem Haus in Deutschland zeigten, dass nicht nur der Zeitpunkt recht ideal ist, sondern vor allem unser Plan unter bestimmten Voraussetzungen umsetzbar ist. Auch die Unterstützung unserer Familien war wichtig und so war es für meinen Mann eine große Erleichterung und Unterstützung, dass mein und sein Vater direkt angeboten haben, im April mit nach Schweden zu fliegen um sich den Hof gemeinsam anzuschauen.

Es gab so viel zu bedenken und zu planen:

  • Wie genau soll unser neues Unternehmen aussehen?
  • Was benötigen wir dafür und welche Kosten entstehen dadurch?
  • Wie sieht die Umgebung aus? Mit welchen Unternehmen könnte man kooperieren?
  • Homepage erstellen, Marketing starten, Social-Media-Seiten
  • Was zieht an Hausrat mit um?
  • Wie kommen unsere Minishettys nach Lappland?
  • Autoverkauf in Deutschland (beide vorhandenen Autos sind nicht Lappland tauglich)
  • Nachmieter für unseren gemieteten Stall in Deutschland suchen

Nach dem Besuch meines Mannes im April (es war nun endgültig um ihn geschehen) und einer vermeintlichen Zusage für den Kauf unseres Hauses haben wir Tobi und Simone die Zusage gegeben und eine Anzahlung geleistet.

Ein echter Albtraum: Die Haus-Käufer in Deutschland springen ab

Als dann drei Wochen nach der Kauf-Zusage für unser Haus in Deutschland die Familie doch abgesagt hat, waren wir kurz geschockt! Dann haben wir uns aber zusammen gerauft und weiter privat gesucht. Das war eine sehr zermürbende Angelegenheit. Unglaublich viele Besichtigungstermine. Makler, die angefragt haben. Hoffnung, wenn Leute ein zweites, drittes Mal kommen. Enttäuschung bei Absagen. Unglaublich viele Leute, die sich überhaupt nie mehr gemeldet haben. Dokumente versendet und nie wieder etwas gehört. Unzählige Nachrichten hin und her. Das Gleiche mit dem Stall.

Das hat uns sehr viele schlaflose Nächte bereitet und zwischenzeitlich kam auch Panik auf. Immer wieder Rechnerei. Was, wenn wir den anfangs vom Makler geschätzten Preis nicht ansatzweise erreichen?? Dann würde unser Puffer doch recht eng werden …

Zwischenzeitlich hat mein Papa gemeinsam mit meinem Schwager und einem Freund schon einen Transport unserer ersten Sachen nach Schweden organisiert. In 4,5 Tagen sind die drei mit einem Transporter und Hänger nach Lappland gefahren, haben ihn abgeladen und sind wieder zurückgefahren.

Ob wir Zweifel hatten? Oh ja, die kamen immer wieder. Was machen wir hier bloß? War das alles richtig? Was, wenn es nicht klappt?

Und dann, drei Wochen vor unserer Abreise mach Schweden fügte sich alles. Plötzlich gab es zwei Interessenten für den Stall und auch zwei Interessenten für das Haus. Nach ein paar aufregenden Tagen, gab es endlich ein klares Ja für Haus und Stall! Eine Woche vor Abreise konnten wir endlich sicher sein, dass auch die finanzielle Situation gesichert ist. Was für eine Erleichterung!

Träume erfordern Mut: In nur fünf Monaten das komplette Leben umgekrempelt

In einem knappen halben Jahr haben wir unser ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Wir haben Träume geträumt, Ängste ausgestanden, Probleme gelöst, Kisten gepackt und noch mehr Kisten gepackt, das Haus mit Hilfe von Freunden und Familie ausgeräumt und vieles (überflüssige) entsorgt. Und schließlich – nach der Verabschiedung von Freunden und Kollegen – befanden wir uns gemeinsam mit meinen Eltern und zwei Wohnmobilen inklusive Hänger auf dem 1400 Kilometer langen Weg in unser neues Zuhause. Das ich bis zu diesem Zeitpunkt nur von Bildern und Videos kannte.

Jetzt sind wir seit etwas mehr als vier Wochen hier und können sagen, dass wir uns pudelwohl fühlen. Wir konnten schon einige Kontakte zu Nachbarn, anderen Pferde- und Hundebesitzer herstellen. Wurden bereits von einem Reporter für die örtliche Zeitung interviewt. Mein Mann hat bereits bei der örtlichen Kartoffelernte geholfen und nächste Woche geht es mit Kohl weiter 😉. Und wir haben unsere Hundegruppe um vier Hunde erweitert.

Die ersten Male einkaufen im kleinen Supermarkt waren schon ein bisschen komisch und ich war ein wenig unsicher. Schließlich war das unsere neue Heimat. Wir fragten uns, wie die Menschen wohl sein werden. Wie würden sie uns aufnehmen?

Natürlich wussten wir bereits von Tobi, dass die Menschen hier sehr offen und freundlich sind, aber es selbst zu erfahren, ist dann nochmal was anderes. Auch wenn hier in der Region tatsächlich viele Deutsche leben, ist auch der Kontakt zu den Schweden sehr freundlich und angenehm.

Unsere ersten Gäste in der Blockhütte waren übrigens Schweden aus der Region und wir hatten viel Spaß zusammen.

Wir konnten auch schon Gäste für unsere Wohnmobilstellplätze begrüßen, haben schon einige Buchungen für unsere Blockhütte und auch eines unserer Workshops (diese bieten wir ab Februar ’24 an) ist bereits ausgebucht. Wir sind also guter Dinge, dass unser Konzept für den Hof aufgehen wird.

Gespannt auf die Zukunft in Lappland

Durch die Hilfe unserer Familie und auch drei „Urlaub gegen Hand“-Helfern haben wir bereits einiges an Renovierungsarbeiten geschafft, aber auch noch viel vor uns.

Die nächsten Wochen steht dann der Besuch der Gemeindeverwaltung in Norsjö an. Hier werden wir im Detail die Anmeldung unseres Gewerbes besprechen, auch über eventuelle Fördergelder, Genehmigungen etc. Die Vermietungen laufen aktuell noch über unser Kleingewerbe in Deutschland. Mein Mann ist auch noch in Deutschland sozialversicherungspflichtig gemeldet und in Elternzeit bei seinem Arbeitgeber, somit haben wir auch einen Backup Plan – sollte der Plan für den Hof doch nicht aufgehen.

Ansonsten soll das ehemalige Bauernhaus fertig renoviert werden, in der soll Scheune ein Hofcafé/Aufenthaltsraum für Gäste entstehen. Und wir wollen weitere Zwingeranlagen für Gäste-Hunde bauen uns die zweite Blockhütte renovieren.

Mit den Hunden wollen wir verschiedene Aktivitäten, vor allem im Monozughundesport-Bereich anbieten, auch mal kleinere Schlittenfahrten (für größere Touren arbeiten wir zum Beispiel mit Peter Tesch von Huskytours Jörn zusammen). Auch die Ponys können für Wanderungen (kleine Kinder bis ca. sechs Jahre können auch reiten) gebucht werden oder im Winter für Skijöring. Auch für Wanderritte für Erwachsene haben wir bereits einen Partner in der Nähe mit Horses of Taiga gefunden.

Wir sind sehr glücklich über die Unterstützung der Gemeinde und die Kontakte, die wir von Tobi erhalten haben und die wir hier auch schon selbst herstellen konnten. Tatsächlich waren hier auch die sozialen Medien sehr hilfreich. Horses of Taiga zum Beispiel habe ich über Instagram schon in Deutschland gefunden und den Kontakt hergestellt.

Wir hätten das auch alles nicht in dieser Zeit geschafft ohne die enorme Unterstützung von Familie und Freunden.

Und schlussendlich kann ich nur jedem raten, seinem Herzen zu folgen, auch wenn das natürlich nicht kopflos passieren sollte. 😉

 

Wir danken Jenny ganz herzlich für die spannenden Einblicke in ihr Lappland-Abenteuer! Hier findest du Lapland Adventures im Web und auf Instagram. Ach ja: Einige Bilder im Artikel hat eine Freundin von Jenny gemacht. Hier geht es zu ihrem Insta-Account.